In meinem Blog-Eintrag “Brexit Blues – some ideas to sort out the mess (with Adele soundtrack)” im Juni 2016 rief ich zu etwas auf, was ich als Nationale Einigkeitskonferenz beschrieb.

Ich hatte eine Versammlung ganz normaler Bürger Sinn, aus allen Ecken und Lebensbereichen, die sich mit dem Wohl des Landes auseinandersetzen. Ein Austausch auf der untersten Ebene der Demokratie über das gemeinsame Voranschreiten.

Nach einer nunmehr 2 Jahre langen Brexit Komödie-Tragödie erscheint eine solche Versammlung mehr denn je als gute Idee. Und nicht nur in Großbritannien.

Überall in Europa werden die Stimmen der Bürger vom Lärm und Hype der Sozialen Medien und Mainstream-Medien verdrängt. Gleichzeitig drehen sich Politiker im Kreis, viele in der Furcht, durch wirklich mutige Entscheidungen ihre Macht zu verlieren. Selbst koalitionserfahrene deutsche Politiker scheinen in diesem Tanz gefangen. Im September 2017 wählte Deutschland einen neuen Bundestag. 4 Monate und eine Runde geplatzter Sondierungsgespräche später stehen die Chance für Neuwahlen noch immer 50:50.

Meine Meinung: Wir Bürger verdienen etwas Besseres. Wir verdienen, gleichberechtigt gehört zu werden.

Zu meiner großen Freude gibt es noch mehr Menschen, die wie ich denken.

Ende 2017 führte eine Gruppe von Universitäten ein Projekt mit dem Namen “Bürgerversammlung zu Brexit” durch. Die 50 Mitglieder der Versammlung “wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, um die sozio-demographischen Merkmale der breiten Bevölkerung und ihrer Wahl im 2016 Brexit Referendum widerzuspiegeln, das heißt die Gruppe enthielt mehr Befürworter des Austritts als des Verbleibens in der EU.”

Das Ergebnis war zweierlei: Sehr klar und wertvolle Erkenntnisse 1) darüber, was Großbritannien  aus Sicht normalen Bürger jetzt tun sollte, und 2) darüber, wie man polarisierende Themen meistert und den demokratischen Prozess verbessert:

“Während die Bügerversammlung Thema für Thema diskutierte, stellte sich bei den Mitgliedern eine immer tolerantere und wohlwollendere Haltung zu den Meinungen der anderen ein, sowie eine liberalere Grundhaltung. Die Teilnehmer neigten etwas mehr dazu, Immigration als Bereicherung zu empfinden, weniger als ein Untergraben von Kultur und Wirtschaft. Und sie waren wesentlich mehr bereit, in Brexit-Verhandlungen Handel gegenüber Immigration den Vorzug zu geben.

Nicholas Gruen hat dieses Experiment in seinem Artikel “An Ancient Greek idea could foil Brexit’s democratic tragedy” in den Kontext des Brexit-Hype in Presse, Fernsehen und auf Social Media gesetzt:

“…im Griechenland der Antike gab es ein Bezeichnung für das, was hier fehlt:  isegoria, was nach Meinung der Griechen mit Redefreiheit einhergehen muß, und die Qualität der Redefreiheit beschreibt – Menschen müssen in der Lage sein, ihre eigenen Stimmen im politischen Diskurs wiederfinden können ….”

“….alles deutet darauf hin, daß die Einbeziehung normaler Bürger in den demokratischen Austausch uns dabei hilft, die Demokratie zu verbessern. Dies ist immer häufiger in Ireland, Canada and Oregon zu beobachten.

Ich wünsche mir, daß Isegoria reichlich Licht wirft auf die faschistische Schattenwelt einer “Illiberalen Demokratie” im Sinne des ungarischen Premierministers Orbán.

Diese Gedanken begleiten mich auf meinem eigenen politischen Weg als Landtagskandidat Bündnis 90/Die Grünen für den Landkreis Mühldorf am Inn und Oberbayern am 14. October 2018.

Meine Erkenntnisse wiegen besonders schwer in diesem Wahljahr, in dem wir den 100. Jahrestag der Proklamation des Bayrischen Freistaates feiern – ein dringende Mahnung aus der Vergangenheit über den Wert der bürgerlichen Souveränität und der demokratischen Freiheitsrechte.

©️Judith Bogner, 19 Januar 2018