Mein persönlicher Arbeitstitel für 2017 lautet „Europa im Reset-Modus“: mit den bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden (15. März), Frankreich (April und Mai), Deutschland (3 Landtagswahlen im März/Mai + Bundestagswahlen im September), der Tschechischen Republik (Oktober), möglicherweise auch in Italien (falls ein neues Wahlgesetz rechtzeitig vom Verfassungsgericht zugelassen wird) und zusätzlichen Verhandlungen um den Brexit und die Verschuldung Griechenlands.

Das vorliegende Tagebuch soll diese Wahlen verfolgen und durch Beobachtungen zu globalen Entwicklungen ergänzen. Ich werde mein Bestes geben, mit den Wirrungen und Wendungen mitzuhalten, meine Gedanken zu teilen und weiterführende Lektüre zu empfehlen.

Wieso „Europa im Reset-Modus“?

In den kommenden Monaten werden wir herausfinden, wie das Wiederauftreten populistischer und nationalistischer Agenden die Zukunft der Europäer beeinflussen wird. Dies ist ein wahrer Gezeitenwechsel, ein Generationenkonflikt (Pardon Samuel Huntington, wie hätten Sie auch Smartphones vorhersehen können) zwischen der „mein Land zuerst“ Ideologie einer vergangenen Zeit, in der Warenproduktion, der Kampf um Ressourcen und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Umwelt vorherrschten, und der neuen Ära der Offenheit, kulturellen Vielfältigkeit und Mobilität, die durch Digitalisierung, das Teilen von Ressourcen und Achtsamkeit gegenüber der Natur definiert wird. Es geht um die Auflösung eines altes System und seine Ersetzung durch ein neues zu. Bis ein neues Gleichgewicht gefunden wird, dürften sich Störungen und unerwartete Wendungen in nächster Zeit wahrscheinlich weiterhin häufen – nicht nur in Europa sondern in der gesamten entwickelten Welt. Wachstumsmärkte könnten kurioserweise im Vergleich recht stabil erscheinen.

Die Iden des März

  • Am 15. März werden die Wahlberechtigten in den Niederlanden die Wahllokale aufsuchen,
  • die britische Regierung beabsichtigt, Artikel 50 auszulösen, was einen zweijährigen Scheidungsprozess von der EU einläuten wird
  • und die US-Notenbank wird voraussichtlich ihre Zinssätze anheben (momentan liegt die Wahrscheinlichkeit hierfür bei 90%)

Am 26. März wird ebenfalls die erste der drei deutschen Landtagswahlen im Saarland stattfinden, einem der kleinsten deutschen Bundesländer an der Grenze zu Frankreich und Luxemburg. Das Saarland ist eine traditionelle Arbeiterhochburg und die regierende Koalition von CDU und SPD wird voraussichtlich die meisten Stimmen erhalten. Achten Sie auf die „Schulzwelle“ in der SPD. Mehr dazu in einem der nächsten Tagebucheinträge.

Brexit-Neuigkeiten

Während ich diesen Blogeintrag schreibe, ist das britische House of Lords voller Mitglieder des Adels, die ihren wirklich bedeutungsvollen Austausch über die Brexit-Verhandlungen fortsetzen. Gestern haben sie für einen Zusatz gestimmt, der die Interessen von in Großbritannien sesshaften Europäern schützen würde. Heute versuchen viele Mitglieder des House of Lords eine „bedeutsame Stimme“ für alle Brexit-Vereinbarungen durchzusetzen (anstatt von „ja“ oder „nein“).

Ich empfehle Ihnen, die Rede des Erzbischofs von Canterbury Justin Welby (einer ehemaligen Führungskraft der Ölindustrie) zu lesen, der sich über tiefe Spaltungen im Land äußerst besorgt ausdrückt: http://www.archbishopofcanterbury.org/articles.php/5844/european-union-archbishop-of-canterburys-speech-in-lords-debate

Als nächstes im Wahltagebuch „Europa im Reset-Modus“: Worauf es bei den holländischen Wahlen am 15. März ankommt